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Montag, 31. Dezember 2012

hoffnungsschimmer




...damit es in eurem neuen jahr nichts als erfüllung tief erwarteter hoffnungen geben möge, 

habe ich noch einmal mein gedicht ausgegraben und wünsche euch mit diesen worten 

einen guten rutsch ins neue jahr....



***
du bist ein prinz, ein zeitlos lichtes wesen,

durchlebst die see, in sturmzerfetzter dunkler zeit,

von spiegel-glänzend laub dein kleid

durch dich kann ich genesen.

du bist der h o f f n u n g s s c h i m m e r,

der unerschrocken heftig immer

sich aus erinnerungen perlend neu gebiert

wenn schmerz kommt, leiden wieder lastet,

sich strahlend hell nach oben tastet

und niemals sich ins niemals-nicht verliert...

*** 




Gabriele Brunsch


Mittwoch, 26. Dezember 2012

...gedanken zu den trauer-trost-worten... als mir ein liebstes starb...

***


...als mir ein liebstes starb,
schwebten mir
tröstende gedichte ins haus
in allen formen,
auf getrockneten blättern geschrieben,
auf handgeschöpftem papier,
auf karten, in büchlein gedruckt,
mit bildern, gemälden und fotos,
von im wind sich wiegendem getreide,
von flüchtigen wolkengebilden,
die der unendlichkeit zustreben.
in allen zeilen war ein leises mahnen,
dass ich nicht verzagen solle,
weil er in allen zweigen sei,
in jedem wispern der gräser,
in jedem bewegten bild,
in jedem stillen augenblick,
in jedem murmeln des baches,
in jedem vogelgesang,
in jedem luftigen hauch,
weil er in allen dingen sei,
aus allen dingen zu mir spreche,
jetzt und immer, und immer dann,
wenn mich die sehnsucht übermanne,
wenn traurigkeit mich zu ermatten drohe,
dann solle ich nur hineinlauschen,
und alles sei gut.

so lächelte ich und dachte,
dass alle vormals gegangenen
dann auch in allen dingen seien,
und aus allen dingen zu mir sprechen,
und dass auch ich einmal,
in allen dingen wäre,
und aus allen dingen spräche,
zu denen, die hineinlauschen,
die dieser überbordenden,
klangreichen sprachen mächtig,
meine gedanken, mein ich und mein leben,
entschlüsseln und ihren gehalt
aus dem wind und den wolken saugen,
aus dem säuseln und raunen,
murmeln und flüstern
der felder und wälder,
dem sinken des blattes im herbst,
dem flug des schwans,
der sich mit majestätischem schwingen
als weißer strich
zwischen blau und braungrün verliert.

was aber ist,
wenn du lauschst
und ein toben und tosen
durchfackelt den himmel,
wenn ein orkan dich betäubt,
alles was heil und gesund
in fetzen zerreißt
mit stürmischer macht,
wenn im grauen vereint,
wasser und eis,
feuer und fels,
niedergehn mit getöse
und die erde erzittert?

sind das dann schreie?
ist es das höllische kreischen
all jener kläglichen wesen,
welche geschändet, geknechtet,
gequält, gefoltert, getötet wurden,
oder einsam verhungert, erfroren,
ausgesetzt dem elend,
gnadenloser willkür und herrischer macht
eines von mordlust besessenen schicksals?

stießen sie mit dem atemzug, dem letzten,
einen fluch, eine botschaft der qual
in die luft, die sich zusammenbraut,
wenn die wetter sich ballen,
der boden bebt, lawinen rollen,
und die gewalten uns lächerlich
machen, uns, die noch leben,
und zittern vor der erkenntnis.



©gabriele brunsch 2012


***

Samstag, 22. Dezember 2012

WEIHNACHTSGRÜSSE


und wie das licht strahlt

kommt plötzlich wie aus dem nichts
und wärmt die herzen






Donnerstag, 6. Dezember 2012

Liegende Frau / Zustand


zustand

tage und stunden 
frühling und winter
gestern und morgen
leergefühlt
staunend zu ende gebracht.

mal trugen sie blüten mir zu
herbstigen hauch vom wild-roten wein,
stets eins und versöhnt.

nun, das geflecht von lächeln
und blicken zerschlissen,
geh ich mit kleinsten schritten,
schattenherz, stilleres wesen, 
verzagt. 

suche ich silbernen mond,
duft von den dolden am strauch
mich zu berauschen. 

doch meine sinne: 
ihr armen, verwelkten,
bringt keine nachricht mehr
in mein erkennendes herz. 

(was an schönheit die augen nicht trifft, 
ist für die seele auch tot)

bin ich, enterbt, greisin, 
in dürftiger zeit, 
frühlinglich zitterndes eiland, 
botschaftslos. 


***
dieses Gedicht ist meinem Fundus der 80er Jahre entnommen... 
***

Freitag, 23. November 2012

Bratäpfel




Bratäpfel

in meinem haus ist heut ein fest,
ein kleines feines freudenfest,
ich lade dich, mein kindlein, ein,
komm, lass uns hier zusammen sein.
du lächelst, das ist wie ein licht,
denn hell ist es im zimmer nicht.
da ist nur sanfter kerzenschein,
und tannenwedel duften fein.
doch, ja, da ist ein andrer duft,
der uns zur ofentüre ruft.
du lächelst, hei, du ahnst es, ja?
was riecht denn da so wunderbar?
im rohr da brutzelt’s, horch nur hin,
da sind wohl leckereien drin?
rosinen, mandeln, honig, zimt,
zitronensaft, da staunst du, kind!
als mützchen noch ein wenig butter,
zu guter letzt kandierter zucker.
die äpfelchen sind schön wie nie,
ein seidenglanz bezaubert sie,
mit kleinen sommersonnenfunken,
als hätten sonne sie getrunken.
drum ist so gut der duft im haus,
gedeckt der tisch!
ich hol sie raus...


gabriele brunsch

Dienstag, 20. November 2012

HERBSTLIED




DAS BUNTE HERBSTLIED IST JETZT AUSGESUNGEN, 
IM NEBELHAUCH VERFLÜCHTIGT SICH DER TAG,
DER GOLDNE SAITENTON, HORCH NUR, ER IST VERKLUNGEN, 
ERDDUFT UND MODERMELODEI DURCHFÄCHELN JETZT DEN HAG...
IST ES EIN ABGESANG, IST ES DIE OUVERTÜRE 
ZUM REQUIEM, BEVOR DIE WELT ZERBRICHT, 
DER WINTER KOMMT, DAS EINZIG WEIß ICH SICHER, 
WIE KALT ER WIRD, VERZEIH, DAS WEIß ICH NICHT.



gabriele brunsch

Freitag, 16. November 2012

Gespräch

***


Seit ein Gespräch wir sind
Und hören können voneinander...

ist uns der Augenblick der Pein,
der dunkle, licht erhellt.


Seit ein Gespräch wir sind
Und hören können voneinander...

kehren Gedanken wieder ein,
die vor der Zeit verstellt.

Seit ein Gespräch wir sind
Und hören können voneinander...

scheint Haus und Hof im Glanze
überzuckert in besonderer Weise.

Seit ein Gespräch wir sind
Und hören können voneinander...

weiß ich, die Seele schimmert nur,
die Welt sie bleibt erstarrt im Eise.



© by Gabriele Brunsch








***

Donnerstag, 15. November 2012

John Keats und mein Novembertag




***

„Bright Star! Would I were steadfast as thou art”
zur lektüre von John Keats gedichten 
und briefen an Fanny Brawne


in den novembertag, so nebelkalt und rauh,
begleiten worte, die ein ferner dichter sang,
mir meine stunden. düster, traurig, sehnsuchtvoll,
klingt es herein in diese tristen augenblicke
(ich spüre, ach, dass ich mich drin verstricke.)
mag zeit mir auch durch meine finger rieseln,
mit meinen sinnen halte ich die liebe fest,
und kralle mich an hoffnung, die es nie gegeben, 
für dieses kurze, hastig ausgehauchte leben, 
in dem der auswurf leibverwest ihm aus den lungen quoll,
schrieb er der liebe reinstes, feinstes manifest,
das mich umspielt mit seinem weichen klang,
an dem novembertag, so nebelkalt und rauh,
von licht durchflutet mir erhellt das grau.

© Gabriele Brunsch


Mittwoch, 14. November 2012

Gedanken zur Kunst




***



Kunst existiert, weil das Leben so voll ist,
dass es ein Ventil braucht, es zu ertragen....


***

© Gabriele Brunsch

Dienstag, 13. November 2012

Die Frau ist das Zentrum

*


Die Frau ist das Zentrum


Die Frau ist das Zentrum
alles bewegt sich kreisend um diese Mitte...
Frauenschoss
Erde
Geburt
Licht
Klarheit
Hoffnung
wieder und wieder
Zuwendung - Hinwendung
Insichkehren - Einhalten
Stille und Atemholen
Blüte und Frucht
Leben

*
© Gabriele Brunsch 1989


Haiku - Haiku - Haiku



*
dort ging der junge...
durch das efeu am fenster
webt sie die blicke

***



there he walked
she's weaving her gaze
through the ivied glass

*

© Gabriele Brunsch

Donnerstag, 8. November 2012

herbststimmung



in die stimmung des herbstes

mit den augen hineinlauschen,

den erdigen waldduft atmend abtasten

nach spuren von erinnerung,

und stehen bleiben,

lange ganz still stehen,

bis das gold der stunde

den platz in deinem inneren

eingenommen hat, dort,

wo die schätze liegen...

***



...für das wunderschöne foto danke ich isabella kramer...




Donnerstag, 1. November 2012

HERBSTNEBEL



Herbstnebel

Im frühen Winter steigen die Nebel so träge
und vernichten das Tal, Hang und Fluss.
Undurchdringlich, grau-milchig, habgierig.

Alles ist dicht. Und die Feuchtigkeit kriecht dir
alles verdunkelnd dumpf in die Glieder,
die Stimmen sind nirgendwo. Alles ist dicht.

Augenblicke haben keinen Ausblick. Du ahnst,
da irgendwo vom Main kommt er her, der Nebel,
da irgendwo, am Faden der Straße, das Dorf.

Die Äcker gepflügt, rollen sich weg ins Nichts rein,
und die Düsternis deckt deine Niederlage
und deine Betroffenheit wie ein Leichentuch zu.

Wie mögen die Schiffe die Fahrrinne finden,
wenn dein Fuß kaum sein Ziel kennt,
dort, und die Pfützen am Weg, blind-lachig.

Die Erinnerung ist erblindet. War da ein Jahr,
ein Sommer? War da ein Lachen, blaues Licht?
Frostig lähmt Ungläubigkeit deinen Sinn.

Ufergeröll? Ja der Treidelpfad, qualvolles Keuchen -
und Rufen vom Boot her,  Flüche - hilflos -
flussauf, auf gehts, weiter, die Reise ist lang...

Wie du dich an Bildfetzen klammerst,
naiv-schaudernd,  die klammen Hände vergraben,
wird dein Herz zu einem Herzen aus Eis.

Der matte Scheinwerfer, ein verirrter Wagen,
drängt dich, verschwindet, nimmt den Anflug
von Hoffnung weg mit sich ins grau-graue Nichts.

Hier kannst du nicht bleiben, schaffst du es nicht,
dann wird  dich die taube Ziellosigkeit
einfach verschlucken und dich zerfressen im Leeren...  

© by Gabriele Brunsch (frühe 90er)

halloween


***

warum sprechen?
die nacht flüstert geschichten
längst vergessen

***

Montag, 29. Oktober 2012

Windfänger

und andere Begegnungen


eine wunderschöne Sammlung moderner Lyrik


Montag, 15. Oktober 2012

Papiertheater-Kitzingen - das besondere Erlebnis

Einmal etwas ganz besonderes aus meinem anderen Wirkungskreis.

Zwei Frauen, zwei ganz unterschiedlich gearbeitete Bühnen - ein großes Repertoire auf beiden Bühnen.
Gabriele Brunsch: "Der blaue Schleier" Helga Kelber: "Anderwelt" (s. Foto)

Die Art, wie die Papiertheater-Kitzingen ihre Inszenierungen machen, erschafft, im ureigensten Wagnerischen Sinne, ein Gesamtkunstwerk.

Dieser Artikel erschien in der Mainpost in Unterfranken am 2. Oktober 2012 und hat ein großes Echo hervorgerufen.




Ein Sturm fegt über das Meer. Die Segel des Schiffes glühen, das Meer tobt und rollt. Der Fliegende Holländer ist, getrieben von seinem Fluch, auf dem Weg zu Senta . . .

Mucksmäuschenstill kauern die Zuschauer auf den 25 blauen Stühlen, die im kleinen Zuschauerraum des Papiertheaters in der Kitzinger Grabkirchgasse aufgestellt sind. Gebannt blicken sie auf die Märchenwelt, die sich auf der Miniaturbühne vor ihren Augen auftut. Seit der Vorhang hochgezogen worden ist, begleiten Licht- und Toneffekte die Szene. Aufwendig gefertigte Kulissen verdichten die Handlung, sorgen für Hochspannung und Atmosphäre. Die handelnden Personen, unter anderem Vater Daland, Tochter Senta und der Holländer, bewegen sich eigenwillig vor und zurück, hin und her. Immer wieder wechselt die Szene, vom Meeresstrand, wo ein Lagerfeuer flackert, zur Spinnstube, in der der Holländer mit Sentas Vater verhandelt, während der verliebte Eric hinter einem Kachelofen lauscht, bis das Unheil seinen dramatischen Verlauf nimmt.

„Papiertheater gibt es seit Beginn des 19. Jahrhunderts“, erzählt Gabriele Brunsch, eine der beiden Initiatorinnen des Theater-Kleinods, das in einem historischen Haus in Kitzingen ein Dach über dem Kopf gefunden hat. Ganz früher lebten dort Beginen, Mitglieder eines weltlichen Frauenordens. Seit 2003 leistet sich das Städtchen am Main ein Papiertheater hinter den dicken Mauern.

„Weil das echte Theater ausschließlich der privilegierten Schicht, dem Adel, vorbehalten war, hat sich das Großbürgertum besonnen und sein eigenes Theater fürs häusliche Wohnzimmer geschaffen“, ergänzt Theater-Partnerin und Brunsch-Freundin Helga Kelber. Zur Erbauung der Familie, vornehmlich der Erwachsenen, ergötzten sich Vater, Mutter, Onkel, Tante an den Dramen der Klassik, und sicher schlich sich so manches Kind im Schutz der Dunkelheit in den einen oder anderen Theaterabend.

Dem Spiel voraus gingen Bastelabende, bis die gerade erwachende Industrie die Marktlücke entdeckte und große Bögen bedruckte. So konnten die Bürger der Biedermeierzeit, die eine eigene Bilderbogenkultur entwickelte, die wichtigsten Figuren aus zeitgenössischen Opern und Schauspielen in Schwarz-Weiß erwerben und sie in liebevoller Kleinarbeit selbst bemalen. Mit Einsetzen der Farblithografie gab es neben Text- und Musikheften die Bögen in Farbe und in unterschiedlichsten Varianten zu kaufen, Goethes Faust nebst Mephisto ebenso wie Shakespeares Hamlet oder das Käthchen von Heilbronn aus der Feder des Herrn von Kleist.

Die Begeisterung der beiden pensionierten Lehrerinnen für ihr arbeitsintensives Hobby hängt auch nach der Vorstellung noch im Raum, der Chor der Mädchen aus der Spinnstube klingt nach. Plakate und Bildtafeln an den Wänden machen Lust, auch die anderen angekündigten Produktionen zu besuchen. Denn Gabriele Brunsch und Helga Kelber sind unermüdlich damit beschäftigt, ihrer Kreativität und Fantasie freien Lauf zu lassen. Jede von ihnen entwirft ihr eigenes Stück für ihre Bühne, die doppelt so groß ist wie die historischen Guckkästen. Das können neu erfundene Texte sein, aber auch umgeschriebene Märchen und Sagen. Text, Figuren, Requisiten, Bühnenentwurf, Musikauswahl, Erzählung, Dramaturgie et cetera – alles ist jeweils von einer Frau selbstständig erarbeitet und auf eine CD gebannt, auf die Musik, eingesprochene Texte und Licht aufgespielt sind. „Wir haben schon genug zu tun mit den Figuren, da können wir nicht auch noch sprechen“, schmunzeln die beiden in stilgerechtes Schwarz gekleideten Frauen.

„Schon im Entstehungsprozess müssen sich Kulisse, Dramaturgie, Beleuchtung und Tontechnik im Kopf zusammenfügen“, ergänzt Gabriele Brunsch. Und Helga Kelber fügt an: „Wenn ich die Augen meiner Figuren ausmale, werden sie lebendig, treten sie mit mir in einen Dialog.“ Sie strahlt vor Begeisterung.

Vom ersten Gedanken an eine neue Produktion bis zur Fertigstellung vergehen zweieinhalb Jahre. Beim Spielen allerdings sind beide aufeinander angewiesen. In Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“ müssen schließlich 14 Englein gleichzeitig bewegt werden. Das Libretto der bis heute häufig gespielten Oper schrieb die Schwester des Komponisten, die 1858 geborene Schriftstellerin Adelheid Wette, eine geraume Zeit vor der Vertonung. Es war jahrelang gern gespielte Vorlage für das Papiertheater.

Das Kitzinger Papiertheater ist die einzige regelmäßig bespielte Bühne in Süddeutschland und kann auch für häusliche Aufführungen gebucht werden. Denn dieses Gesamtkunstwerk scheint eine Renaissance zu erleben und immer mehr Freunde zu gewinnen. Die zehn bis 15 Zentimeter großen Figuren bezaubern und entführen in eine ganz eigene Welt.

Das Kitzinger Papiertheater gastiert vom 5. bis 8. Oktober mit dem Hauff-Märchen „Kalif Storch“ bei der Fine A.R.T.S. im Würzburger Kulturspeicher.


Von unserer Mitarbeiterin Ursula Düring

Freitag, 12. Oktober 2012

haben oder sein

***


haben oder sein

heute rief mich eine cousine an und fragte,
wie ich mich fühlte,
ich sagte, ich fühle mich sehr gut, und lachte.
das machte sie unruhig,
wie kannst du dich denn ruhig fühlen,
bei allem, was du erlebt hast?
ich antwortete, genau deshalb,
weil ich es erlebt habe, verstehst du?
ich weiß, was heiß ist und kalt,
ich kenne den hass und die liebe,
ich kenne die rachsucht und das wohlwollen,
ich kenne das lächeln und die fratze,
ich kenne den übermut und die bescheidenheit,
ich kenne den überfluss und die kargheit,
ich kenne das licht und das dunkel,
den erdigen duft des frühlings
und den süßen geruch vom herbst.
und den von der schneeluft auch,
die nach dem eisregen kommt...
ich kenne die glut,
deren schlieren auf dem asphalt
zu einer blaugelben fata morgana werden,
die einen wassertanz tanzt
nach der musik des sommers,
bis dir der atem stockt
und du meinst du wirst aufhören zu sein...
jetzt freue ich mich über deinen anruf,
sagte ich, nachher werde ich
einige nachrichtenclips von reuters,
cnn und bbc anschauen,
mich über den stand der welt informieren,
ereigniswelten - die welt meiner wahl...
noch sind wir im jetzt,
noch haben sie nicht
orwells sperrklausel gesetzt,
aber lang ist es nicht mehr,
(ich arbeite drum kann ich leben,
was für ein satz)
lass doch mal alle vermeintlich betrogenen
loslaufen und ihr recht einfordern –
mord und todschlag wird es geben –
schrie die unke und packte ihre erfahrung
beim schopf und lachte...
gleich werde ich mir mein buch
über die quantenmechanik
und ihre auswirkung
auf unsere moderne welt reinziehen
und zum wiederholten mal über
schrödingers katze nachdenken,
die in einer kiste hockt und
entweder lebt oder nicht,
wenn ich sie aufmach, die kiste,
so ein scheiß.
bei mir lebt sie immer,
bei mir ist sie vital, weil ich das so will!
versteht Ihr das endlich?
(ich hätte sie nicht reingetan, meine katze,
in schrödingers experiment,
niemals, niemals, niemals!)
ich liebe doch meine katze, was soll das...
so geht die logik dahin
mit einem experiment, das, von in quanten
dahin springenden teilchen abhängt,
die meine wohlige gegenwart befremden
und mir rein experimentell
meine katze bedrohen,
so geht das nicht, Dr. S.!
reinstecken, aussetzen, da liegt sie dann,
die arme logik, im kasten drin.
macht er ihn auf... was ist dann...
ist es dann aus und vorbei mit der logik?
oder verflüchtigt sich alles
was logisch erscheint und ist weg?
doch spaß beiseite:
nachher füttere ich
meine katze und schaue
zum fenster hinaus und
lausche dem wilden spiel der kinder,
den kindern der nachbarn,
und sie werden die sein,
die irgendwann lauschen,
und still werden, wenn’s abend wird...
jetzt schwirren sie aber
wie nicht ortbare teilchen herum,
deren bewegung keiner fesseln kann,
so wie der wind und der duft,
der nicht vorhersehbar ist
und genauso wirr und nicht greifbar ist,
wie der unerklärliche augenblick,
den niemand mathematisch erfassen kann...
(denn die welt ist schrödingers kiste)
wenn im gewölbe dieser welt,
dort, wo es nach leben duftet,
ein klang entsteht...

© by Gabriele Brunsch 2009


***

christbaumschmuck



***



am ast dort baumelt noch das rote herz,
vergessen aus der stillen zeit,
ein herz aus glas, das leise spricht, 
wenn wind sich in den zweigen bricht,
der frühlingsregen spritzte weit,
der sommersturm zerbrach es nicht,
es plauderte mit hellem klang
ein lügenmärchen zum verführen:
„ich wärme dich, ich wärme dich,
wer will, kann meine wärme spüren!“
jetzt ist der sanfte glanz dahin,
das rot behaucht von grünem grau,
herbstnebel sprühen kalten tau...
was wird das alte herz uns leihen
wenn es erstarrt im weißen glast
zur winternacht am kahlen ast?
kann es der welt verzeihen? 


© Gabriele Brunsch




***

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Erziehung - was mir Erfahrung flüstert...


*  *  * 

"Erziehung allein macht uns nicht

zu dem was wir sind!

Wir sind von allem Anfang an schon!"


*  *  *  

Dienstag, 2. Oktober 2012

Endlichkeit


***

so wird es sein:

kein stern 
im fernen universum,
ganz einfach nur, 
im kleinen hier
ein wenig energie, 
mate-ri-al,
ein häufchen ETWAS,
asche, mag schon sein,
vielleicht auch erde
das wär fein,
dann hätten würmer 
oder winzigkleine 
orga-nismen
sich schon gelabt an dir,
und weit getragen
den fahlen, weichen leib. 
doch nicht zum zeitvertreib.

und bleibt da was?
bleibt denn die seele
dieses anfällige gebilde
aus leben, liebe, wut, 
aus freundlichkeit 
aus gram, aus leid und hass?
wo bleibt denn das?

hörst du den schrei, 
der durch das universum hallt....
und schallt und schallt
und hallt und schallt?

dort ist es kalt.
ein nichts ist dort
an jenem  ort
doch hier -
hier ruht sie
deine sanfte glut
so energiegeladen
das bist du...
komm, lass sie zu
die endlichkeit.

die bitternis,
die bitternis,
sie ist des menschen
psycho-riss...

***

Sonntag, 30. September 2012

Der Schreibtisch des Dichters (hervorgeholt)


“Der Schreibtisch ist der Ort, 

wo sich die Welt entscheidet.” (Günter Eich)

Der Satz in seiner Konsequenz 
hat nichts von Ruhe, von Beschaulichkeit,
er weist ganz zielgerichtet, weist nach außen,
vom kleinen, scheinbar unscheinbaren Innen
ins weite, unermesslich kalte Draußen.

Auf eine schlichte Weise ist er wahr.

(Er flüstert mir von Kriegen,
von Grausamkeit,
von Folter und von Tod.
Er flüstert mir von Bangigkeit,
von Zucht und Furcht,
von Bitterkeit und Not.)

...von den Ecken, den dunklen,
den Rückzugsgebieten,
Fluchtpunkten,
die einer ausleuchten möchte
mit seinem Feder/Kuli-Strich,
den Menschenzahlen,
die es zu tilgen/zu ergänzen gilt:
traf/trifft bisher ganz andere,
doch wann trifft es ... mich/dich?

...von Beschönigungen,
(wie auch immer)
die hergestellt werden müssen,
weil die wahren Zahlen
nicht ins Raster passen,
oder dieser eine Mensch,
diese eine Gruppe,
diese eine Gemeinschaft,
diese eine Rasse,
diese Farben nicht passen,
ihm nicht passen,
ihnen nicht passen,
nicht passen...

Dort, an diesem Tisch
sitzt einer,
gebisstragend/oder nicht,
mit Colegate-Zähne-Lächeln
auf den Lippen,
ohne/mit Toupet,
gestylt,
zeitmäßig gestählt/oder nicht,
Waschbrett/Wabbelbauch unter
dem gebügelten Hemd,
schön halt,
(weil Macht schön macht)
in jedem Fall mächtig,
perfide mächtig,
und hält den Stift in der Hand,
öffnet die Kladde,
liest und streicht ab.

Und für uns, die wir schreiben?
Was ist er, der Schreib-Tisch?
(wenn nicht das Papier auf dem Knie ist):
Zuflucht, die wir brauchen.

Was entscheiden wir,
da, zwischen Holz und Papier,
oder ist es Monitor und Keyboard,
oder Handy und Welt,
da an dem Tisch,
mit unserer Strich-Stimme -
oder Ton-Stimme …
in Versen?

2008 © ALLE RECHTE BEI GABRIELE BRUNSCH

Freitag, 28. September 2012

zukunft

***

an der pforte der zukunft

stehen wir 

umjubelt 

vom glockenklang 

des JETZT

umschallt 

von wohl

und 

von elend

...

doch was 

wir über die schwelle tragen

???

und welche musik 

die räume durchklingen

???

wer mag das wissen


***






Donnerstag, 20. September 2012

Aphorismus - Welt

...manche Wahrheiten sind so banal, dass man sich eigentlich schämen müsste, sie auszusprechen.
Wahr bleibt wahr und drum schreibe ich die Platitude sogar auf, damit sie auch jeder, der sagt, wir lebten in einer "sehr schlimmen" Zeit, lesen kann: 


***

"...eigentlich ist es
immer  gleich
gefährlich/friedlich
auf der Welt,
es hängt nur davon ab,
wo man gerade lebt!"

***

© gabriele brunsch

Donnerstag, 13. September 2012

AHNUNG

Ahnung

Die sonne brennt durchs kühle blattgewirr,
vom morgentau noch feucht und glanzumspielt,
ein herbst hält einzug – wie ich ihn gefühlt,
vor jahr und tag, so steht er jetzt vor mir.

Ins satte blau mischt wind den weißen strich,
wattegeplustert treibt er durch die zweige,
ins grün mischt fadendünnes gelbes sich,
es ist wie’s ist, das jahr es geht zur neige.

Das kleine lächeln, das der greis mir schickt,
es ist versiegt, im letzten atemholen,
der tod griff hastig und verstohlen,
ein lebensstrang entwurzelt und geknickt.

Schon wieder, denk ich, war’s schon wieder zeit?
des todes schleppe streift die bunte welt
und lässt erbleichen, wie es ihm gefällt,
zieht drüber hin, sein mantel bauscht sich weit.

Es gruselt mich, ich hülle mich in schweigen,
nur dunkle kummersilben fallen auf die zeilen.

Ich zerre grün mit warmem gold in meine tage,
weil ich das fahle ahnen nicht ertrage.

 Kommt, bitte, lacht! ich öffne alle türen,
will freude, lust und heiterkeit erspüren.

Ein zwitschern wildgemischt das dringt herein,
mein garten, der will noch nicht herbstlich sein.

© Gabriele Brunsch

Mittwoch, 12. September 2012

herbsthaiku

***


herbststille

über dem duft von erde

ein milchiger mond


***

gabriele brunsch

Mittwoch, 5. September 2012

Fettnäpfchen

 ***


... wenn man als kind auf abenteuersuche versehentlich in jeder pfütze landete, dann wurde man in die wanne gesteckt und war erfrischt und glücklich. 

... wenn man als erwachsener auf der suche nach wahrheit versehentlich in jedem fettnäpfchen landet, dann kann es lange dauern, bis man den fettfilm wieder los ist.







 ***

Montag, 3. September 2012

spätsommerglut - late summer heat



late summer heat
in the silence the footsteps
that sound nevermore...


***

wortspiel - gedankenspiel V

***
 
ins gras die mulde hat das kleine reh gedrückt,
erst spät bei nacht kam es an diesen platz zurück.
ein wolkenbruch zerstört das rote morgenlicht,
ein wildes blitzgestöber aus dem himmel bricht.
der sturm hat allen sommerduft verweht,
die bittre kälte saugt er an wie ein magnet.
auf blatt und ast tanzt wasser wilden reigen,
noch will das toben keine schwäche zeigen.
kein vogelschrei, kein flügelschlag, 

die welt sie scheint gestorben, 
auch wenn sich gar nichts regen mag, 

das reh, fühlt sich geborgen.

***